Das E-Voting
Das E-Voting (oder Stimmabgabe im Internet) ist seit dem Beginn der 2000-er Jahre Gegenstand von Diskussionen, als die Eidgenössischen Kammern den Bundesrat beauftragten, die Einführung eines dritten Stimmkanals vorzubereiten. Die ersten Pilotversuche wurden dank der Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte (BPR) im Jahr 2004 in den Kantonen Genf, Neuenburg und Zürich ermöglicht.
Seit dem Jahr 2011 stellt ein Steuerungsausschuss E-Voting (SA VE) unter dem Vorsitz der Bundeskanzlei die Durchführung des E-Voting sicher. Diese Koordinationsstelle setzt sich aus Repräsentanten des Bundes, darunter die Bundeskanzlerin bzw. der Bundeskanzler (früher Corina Casanova, heute Walter Thurnherr) und der Kantone, darunter die Präsidentin der Schweizerischen Staatsschreiberkonferenz (SSK) (Barbara Schüpbach-Guggenbühl) zusammen. Sie hat die Aufgabe, die Fortschritte des E-Voting zu evaluieren und sicherzustellen, dass die Ziele, die zu Beginn des Jahres 2011 in der Roadmap zur elektronischen Stimmabgabe fixiert wurden, erfolgreich umgesetzt werden. Diese «Roadmap zur elektronischen Stimmmabgabe» wurde für die Schweizerische Staatsschreiberkonferenz vom Frühling 2011 vorbereitet. Das Dokument fokussiert auf fünf Herausforderungen, «Strategie Gemeinde Bund-Kantone, Sicherheit, Ausweitung, Transparenz, Kosten» und identifiziert Massnahmen für jede dieser Herausforderungen.
Seit 2004 haben weitere Kantone das E-Voting für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer eingeführt, so dass bis 2015 14 Kantone eine Internetlösung dafür anbieten konnten. Ein Unterbruch trat 2015 nach der Aufgabe des Systems des kantonalen Konsortiums auf. Im Frühjahr 2017 boten sechs Kantone das elektronische Abstimmen über das Internet an, drei davon nur für die Auslandschweizer, Genf und Neuenburg auch für einen Teil der Bürgerinnen und Bürger des Kantons, während Basel-Stadt es auch Behinderten ermöglicht, elektronisch abzustimmen. Seit September 2017 führt Freiburg ausser mit den Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern in einer Pilotgemeinde einen Versuch durch, und die Kantone Aargau und St. Gallen haben beim Bundesrat ein Gesuch für die Wiederaufnahme des Versuchs eingereicht. Mehrere Kantone haben in dieser Sache im Übrigen Anstrengungen unternommen, ihre gesetzlichen Grundlagen im Hinblick auf das E-Voting zu revidieren.
Parallel dazu hat im April 2017 der Bundesrat die Bundeskanzlei beauftragt, eine Expertengruppe zu gründen (EX VE) um die Überführung des E-Votings in den Regelbetrieb vorzubereiten. Aufgrund des offensichtlichen Erfolgs der Testphase, die seit 2004 andauert, hat der Bundesrat entschieden, gemeinsam mit den Kantonen die nötigen gesetzlichen Vorhaben anzugehen, die zur Konkretisierung des E-Votings erforderlich sind. Und so wurde, nach der Vernehmlassung in den Kantonen, vom SA VE die «Roadmap zur Elektronischen Stimmabgabe» durch ein neues Planungsinstrument ersetzt, einen Massnahmenkatalog und ein Organigramm. Die Kantone haben dieses Absichtserklärung, die vom Bundeskanzler und von der Präsidentin der SSK unterzeichnet wurde, bestätigt. Diese Absichtserklärung definiert inbesondere die strategischen Ziele und die Rollen des Bundes und der Kantone. Die organisatorische Struktur umfasst den SA VE, einen Projektausschuss Vote électronique (PA VE) und eine Arbeitsgruppe Vote électronique (AG VE).
Im April 2018 hat die EX VE ihren Bericht eingereicht. Im Wesentlichen konstatiert der Bericht, dass die Bedingungen für die Umsetzung eines dritten Stimmkanals, also des E-Voting, in der Schweiz erfüllt sind. Die Versuchphase hat gezeigt, dass dieser Stimmkanal in der ganzen Schweiz «auf sichere und zuverlässige Weise» installiert werden kann. Die freie Wahl des Stimmkanals ist dadurch jeder und jedem Stimmberechtigten möglich. Die EX VE stellte ebenfalls fest, dass die «Nachverfolgbarkeit der Stimmabgabe und die Ermittlung der Ergebnisse unter Beachtung des Stimmgeheimnisses (Verifizierbarkeit), die Zugänglichkeit und die Transparenz fundamentale Charakteristika des E-Voting darstellen, die ins BPR aufzunehmen sind». Im Dezember 2018 hat der Bundesrat eine Änderung des BPR in die Vernehmlassung gegeben, die darauf abzielt, die Implementierung des E-Voting in der Schweiz zu ermöglichen. Die Vernehmlassung dauert bis zum 30. April 2019.
Derzeit werden zwei Anwendungen für das E-Voting genutzt, eine Anwendung, die vom Kanton Genf entwickelt wurde, und eine Anwendung, die auf Mandatsbasis der Schweizerischen Post von einer spanischen Firma entwickelt wurde. Die Genfer Anwendung, die derzeit von sechs Kantonen genutzt wird, wird aufgrund der erforderlichen Betriebskosten im Jahr 2020 aufgegeben. Was das System der Schweizerischen Post anbelangt, wurde deren Source-Code publiziert, damit Hacker Intrusionstests durchführen konnten, was ein Standardprozedere dafür darstellt, die Zuverlässigkeit eines Programms zu verbessern. Wenngleich ein wesentlicher Fehler in der Anwendung entdeckt wurde, konnten die Hacker weder die Stimmabgaben beeinflussen noch die Identität der Abstimmenden einsehen. Vorsichtshalber hat die Post zurzeit die Durchführung elektronischer Abstimmungen unterbrochen.